Bootsbau

Bild von Johannes Potzler 2.000 gemalt. Boot: Geiler Keil, Eigenbau
(siehe
weiter unten)
Es gab einmal eine Zeit, da war ich Mitte 20, Student in Bonn, und es
kam eine
neue Methode auf, Boote zu bauen. Man arbeitete mit Abwicklungen der
Aussenhaut
aus Sperrholz und "naehte" diese an der Kimm und im
"Kielbereich" mit Kupferdraht zusammen. Dann symmetrisch in Form
bringen und Kimm und "Kiel" mit Polyester und Glasgewebestreifen Stueck
fuer Stueck verkleben, dann die Kuperdraehte entfernen und die Naehte
mit
langen Streifen Glasfasergewebe dauerhaft verbinden. Eine ziemliche
Sauerei,
wenn man nicht alles abklebt. Ich dachte mir, das koenne man auch
spaeter noch
entfernen. Eher nicht. Aber bitte, es war das erste Boot, ich hatte nur
die
Abwicklungen, keine Bauanleitung, und ging ans Werk.
Los ging's. Das Sperrholz hatte ein Holzlieferant auf Lager, ein Kunde
hatte
das teure Zeug von Hechthout in den Niederlanden nicht abgeholt, daher
Sonderpreis fuer mich. 7 mm stark und das festeste Sperrholz, das ich
bis heute
in der Hand hatte. Viel zu schade fuer so ein Boot. Das Schaeften der
grossen
Platten hatte ich mir angelesen, einen grossen alten Tisch besorgt und
einen
Hobel und einen Schleifstein. Tatsaechlich brachte ich nach kurzer Zeit
vernuenftig
plane Schaeftungen zustande - dem alle halbe Stunde geschaerften
Hobelmesser
sei Dank. Dann habe ich die Planken das erste Mal verbunden. Siehe
unten. Mein
Bauplatz war mein Studentenzimmer, in der Mitte durch ein Glastuer
geteilt,
nach hinten aber zum Garten hin offen mit zwei Fenstern. Das war
wichtig, denn
dort musste das Boot hinaus und dann zu einer Garagentuer und von dort
durch
die Garage auf die Strasse.
Das Boot war mit ueber 5 m Laenge wohl doch etwas gross fuer die alte
Studentenbude, das Bett musste spaeter halb unter das Boot. Leider war
ich nie
ein Fan von Photos - wozu hat man ein Gedaechtnis. Es gab also nur
Photos, wenn
ein anderer sie machte. Einige Zeit spaeter hatte ich den Rumpf
zusammen, an
Bug und Spiegel und auch "unterwegs". Ein wabbeliges Ding, das dafuer
aber gut durch das Fenster in den Garten und von dort in die Garage zu
bugsieren war. Meine Mitbewohner waren froh, denn der Polyestergestank
der
ersten Zeit war wirklich furchtbar und Expoxi war noch nicht in Mode
und viel
zu teuer - Anfang der 70er. Ich hatte uebrigens das ganze alte Haus
gemietet
und Zimmer untervermietet. Sonst waere ich wohl geraedert worden ob
meiner
Ambitionen.
In der Garage wurde dann das vorbereitete Deck flach auf den Boden
gelegt, und
der zusammengeharzte, wabbelige Bootskoerper ueber Kopf darauf gesetzt,
fest
nach unten gedrueckt und dann mit dem Deck verklebt. Innen und aussen.
Mein
Holz war allerdings so steif, dass ich mir eine Grubenwinde von einer
Baustelle
leihen musste - und trotzdem bekam ich das Ding kaum zusammen. Dann war
endlich
ein fester Bootskoerper entstanden und konnte im Licht des Tages
betrachtet
werden.
Es folgte ein endloses Spachteln und Schleifen. Mast und Segel kaufte
ich
gebraucht von einem Hersteller, der nur eine Stunde entfernt arbeitete
- LIS.
Die hatten alles, was ich brauchte und waren sehr nett. Ich war noch
oefter
dort.
Nun kam die Frage: Wo sollte dieses denn eigentlich Boot segeln. Rhein?
Giftig
damals und zuviel Stroemung und Schiffe. Rurtalsperre und Mosel waren
jedoch
erreichbar in 1 bis 1,3 Stunden. Die Entscheidung nahm mir ein netter
aelterer
Segler ab, der sein Kielboot bei Koblenz auf der Mosel in einem Club
hatte. Der
fuhr an der Garage vorbei, fand meinen Eigenbau (ein fremder Entwurf)
verrueckt
und spannend, besorgte mir einen Platz und eine Mitgliedschaft und
damit war
ich an der Mosel installiert. Segeln konnte ich schon, denn meine
Eltern hatten
ein Kielboot am Rursee.
Mein Boot erwies sich als recht rank, es schwamm so hoch auf, als
haette jemand
die Urmasse um 20% vergroessert und die ^3-Regel nicht beachtet. Doch
ein
junger Mann vom Club fand das nur richtig sportlich - er war 470er
Segler und
in der Olympiaauswahl. Mit ihm kenterte ich in einem Gewitter vor der
Schleuse
bei Koblenz und die Feuerwehr kam mit Tatuetata gerast, denn die Stufe
war
tief. Wir hatten das Boot allerdings schon wieder aufgerichtet. Der
470er
Segler hatte nicht mal nasse Fuesse bekommen! Ein verrueckter Typ, der
spaeter
mit einem 420er die Kueste Norwegens abgesegelt, im Boot geschlafen und
es dort
mit Stroemungen zu tun gehabt hatte, die er wohl nie mehr in seinem
Leben
erleben will. Prima Bursche, verkaufte ansonsten Schuhe, um seinen
Sport zu
finanzieren.
Dieses erste Boot habe ich spaeter an einen jungen Mann verkauft, der
mit
seinem Vater am Neusiedlersee segeln wollte. Sie gewannen da nach
einigen
Kenterungen tatsaechlich ein blaues Band - nach seiner Aussage. Dann
verlor
sich die Spur dieses Bootes. Ich aber wusste: Nie mehr ein
Schnittmuster
zusammenkleben. Und ich wusste: Dabei soll es nicht bleiben, denn wer
einmal
selbst ein Boot gebaut hat, der will noch einmal tun und erleben, wie
das, was
er geschaffen hat, traegt. Diese ersten Momente sind unvergesslich.
Aber jetzt sollte es etwas kleiner sein. Und da ich im Leben sowieso
meist
alleine unterwegs bin, spaeter auch verheiratet, schien mir ein Boot
von gerade
mal 3,3 m Laenge damals richtig. Ich war ja auch 15 kg leichter damals
mit
meinen 1,85 m Laenge. 75 kg, statt etwas ueber 90 kg heute. Und
ueberhaupt, ab
jetzt wollte ich meine Boote selbst entwerfen. Unten das Ergebnis:
Das Boot war zwar etwas aufwendig mit dem doppelten Boden, aber sehr
leicht aus
5 mm Sperrholz und schnell gemacht. Allerdings klassisch mit Stringern
auf
Spanten und dann mit Sperrholz beplankt, alle Naehte dann mit dem neuen
Epoxi
und Glagewebeband zusaetzlich gegen Feuchtigkeit gesichert. Das ging
jetzt
alles schon flotter von der Hand.
Geld hatte ich damals als Student ohne Foerderung nur wenig und lebte
von
Ravioli und Elternbesuchen. Ich hatte nach Abitur und 2 Jahren bei der
Luftwaffe zunaechst einen Studentenjob als Korrektor bei einer
Druckerei, dann
als Korrektor fuer den Bundestag und war spaeter fuer das Presse- und
Informationsamt der Bundesregierung auf Messen. Das war gut: Eine Woche
auf der
Messe als Standleiter sicherte das Leben fuer einen Monat. Das Geld
fuer den
Bootsbau kam von einem anderen Job.
Also jetzt ein 3,3 m kurzes Boot. Mast und Segelwaren wieder von
LIS, zu
schwer eigentlich, aber ein spaeterer leichterer Mast machte nur das
Aufrichten
leichter nach der Kenterung, sonst war der Unterschied nicht gross.
Leider auch
hier kaum Bilder, aber ich darf versichern, dass dieses Boot bei Wind
schoen
schnell wurde. Ich war ja auch noch leicht genug! Unbequem war es
natuerlich
auch, die Sitzerei auf der Kante war unbequem. Heute wuerde ich das
Boote
einfach mit einem Deck schliessen - habe ich "heute" auch tatsaechlich
germacht. Dazu spaeter mehr. Aber in dem damaligen Alter war die
Sitzposition egal. Wichtiger war, dass das Boot auf einen alten Kaefer
oder R4
passte, aufs Dach, und ab nach Holland oder an den Rursee. Mosel
ansonsten.
Alles gut.
Das uebernaechste Jahr sah mich in einer kleinen gemieteten Halle mit
einem
neuen Projekt. Diesmal ein Doppelknickspant. 4,4 m lang, 1,2 m breit.
Der Bau
machte wenig Probleme, auch weil die Beplankung recht duenn ausfiel
nach meinem
Supersperrholz des ersten Bootes. Wieder 5 mm Bootsbausperrholz, das
man auch
sattelfoermig Biegen kann mit Gewalt. Das machte aber leider
zusaetzlich duenne
Bodenbretter noetig. Dafuer war das Deck vorne sehr steif unterstuetzt,
denn
ich hatte einen Platz im Club, wo ich das Boot von Land von vorne aus
betreten
musste, wenn es von der Rollrampe runter war und schwamm. Das "von
vorne" war die einfachste Methode, aber auch eine wirklich kipplige
Angelegenheit. Machbar nur, wenn nur das Deck auch steif genug fuer
einen
kleinen Huepfer war.
Dieses Boot war reichlich uebertakelt und sehr schnell, wenn mal jemand
fuer
das Trapez greifbar war. Ich habe bis heute kein Boot gesegelt, das
schneller
Ist. Es war einem Fireball aehnlich, der auch recht schnell sein soll,
bin ich
leider nie selbst gesegelt. Mein Boot erhielt wegen des Speeds den
Namen
"Um Gottes Willen". Den Namen musste ich auf Wunsch der Clubleitung
aber leider schon bald aendern. Es hiess dann nur noch "mc^2". Das
gefiel besser.war ok.
Dann war die Zeit des Segelns erst einmal vorbei, denn ich hatte das
Drachenfliegen fuer mich entdeckt. Mit einer dummen Kombination:
Gebrauchte
Drachen und kaum Geld!
Gott sei Dank bin ich mit diesen Kruecken nie von hohen Bergen oder in
der
Thermik geflogen, kann ich heute sagen. Die Moselschleife im Bild
unten, von
der Rampe, war mein hoechstes Abenteuer. Da ich heute von solchen
Fluggeraeten
tatsaechlich ein wenig Ahnung habe, straeuben sich mir heute gerne die
Haare.
Aber lassen wir das Thema, es ist ja nichts passiert. Mir jedenfalls
nicht,
andere leben schon lange nicht mehr.
Dann, statt eine klassische Karriere zu beginnen, habe ich angefangen
ein
seltsames Flugzeug zu konstruieren. Ich wollte nicht einsehen, dass ein
Flugzeug abschmiert oder trudelt, wenn es unerkannt von einem
unerfahrenen
Piloten drastisch an Geschwindigkeit verliert. Darauf gehen ueber 85%
aller
schlimmen Unfaelle in der Privatflieferei auch heute noch zurueck. Das
musste
doch auch anders gehen, dachte ich und erhielt ein Patent auf meinen
Entwurf.
Samt der Aufforderung des Pruefers, diesen Flieger nun auch wirklich zu
bauen.

Das habe ich gemacht und erhielt Lob von einigen Zulassungsstellen fuer
Idee,
Ausfuehrung und Flugeigenschaften. Aber es war ein schwieriger Weg fuer
einen
Einzelkaempfer wie mich. Spaeter hatte ich dann ein, zwei, drei
Mitarbeiter und
insgesamt haben wir in 10 Jahren 150 dieser Doppelsitzer gebaut.
Irgendwo
fliegen einige von denen auch heute noch durch die Gegend. Sehr sicher
auch bei
schlechtem Wetter, verliert der Flieger aus welchen Gruenden auch immer
drastisch an Geschwindigkeit, fliegt er einfach mit leicht erhoehten
Sinken
voll steuerbar weiter. Mission erfuellt. Diese Flugzeuge haben
nie
versagt und waren zusammen vielleicht 100.000 Stunden unterwegs.
Dazu meine Seite
www.sunny-boxwing.de.
Mein Problem damals: Ich konnte die Flugzeuge fliegen, bin bin den
Prototypen
mitgeflogen, aber ich hatte ein Problem, das mir schon beim
Drachenfliegen
aufgefallen war: Ich konnte in der Luft nicht beurteilen, wie der
Bodenverlauf
war. Ob ich auf einen Berghang zuflog oder ob es unter/vor mir eben
war.
Seltsamer Fehler, hat aber einen Namen in der Medizin. Und dieser
Fehler hat
mich davon abgehalten, mich durch eine Fehlbeurteilung doch noch
umzubringen.
Und gelinde Schiss hatte ich natuerlich auch. Haben fast alle, wenn es
mal stuermisch
wird.
Und jetzt zurueck zum Segeln:
Nachdem ich die Firma im Jahre 2.000 verkauft hatte, zog ich nach
Muenchen, wo
meine langjaehrige Freundin arbeitete, die ich spaeter heiratete. Und
wieder
musste ein Boot her. Erst war es eine Proa, von der ich nicht einmal
ein Photo
habe, so schlimm war die Segelei auf dem Ammersee mit dem Ding, das
nicht
wenden konnte, sondern vorwaerts und rueckwaerts gefahren werden
musste. Dann
doch lieber wieder so ein kleines Boot mit nur 3,3 m Laenge, dachte ich
mir. In
Muenchen war dafuer natuerlich kein Bauplatz zu finden, doch einer
meiner
besten Piloten hatte ein Hotel in Speyer und das hatte einen Hof und da
waren
einige Garagen. Dort hatte ich auch schon die Proa gebaut. Mein kleiner
Gleiter, eine Scow, war dort in 3 Wochen fertig. Besegelt mit aelteren
Surfriggs.
Ein damaliger Bekannter, Akademiekuenstler und Bildhauer, Johannes
Potzler,
wollte auch so etwas haben. Also bin ich wieder nach Speyer und habe in
10
Tagen fuer ihn den "geilen Keil" gebaut. Ein pures Boxboat-Skiff.
Johannes schwaermte von "dieser Koerper", als er den Keil das erste
Mal sah und segtelte. Beide Boote waren mit Surfsegeln unterwegs, und
nur dazu
da um auf dem Wasser sitzen zu koennen, die Planke nach Lee
rauszuschieben und
Spass zu haben. Und wir hatten, denke ich, erstens immer kalte
Bierdosen im Gepaeck
und zweitens sehr viel Spass vor 25 Jahren. Da war ich knapp 50 Jahre
alt.

Dann kam ein schoenes Boot. Nach einer schweren Knieeverletzung mit
einem
selbst entworfenen Wintersportrutscher war Selbstbau nicht angesagt,
ein
fertig, aber duenn gebauter Spatz aus der Salzachwerft, 4,1 m lang, 8,5
m
Segelflaeche wurde gekauft. Baujahr 60er Jahre. Das Boot war so rank,
dass ich
es zu Beginn mit Gummi in den Schoten gefahren bin, dann fuehlte ich
mich
irgendwann zuhause - Gummi in die Tonne. Gummi macht ein Boot uebrigens
langsamer, weil die viele kleinen Druckstoesse ins Gummi gehen und
nicht in die
Speed. Fast 20 Jahre bin ich damit jeden Sommer gesegelt, das Deck
musste
dazwischen komplett erneuert werden, wieder in Speyer. Wo sonst.

,
Hier der Spatz bei Gleitfahrt. Typisch fuer diese Bootsform mit breiter
Brust
und sehr schmalem Heck (Typ verkleinerter Korsar) war das "Starten mit
steigendem Bug" - ein tolles Gefuehl. Fast schon Fliegen. Zum
Ende
aber machte das Boot, das immer draussen unter ein Plane bzw.
Persenning lag,
bei mehr Wind dann Geraeusche, dass Sabine, meine Frau, eigentlich eine
Windhexe, bei Wind tatsaechlich Angst bekam. Das leichte und
duenngebaute Boot
war weich geworden. Ein Rumaene wollte es trotzdem haben und er segelt
damit
jetzt im Baerenland, hoffentlich noch.
Dann kamen in schnellem Wechsel ein Laser, eine blaue
"Hafenbarkasse", die nie aus den Poetten kam, ein alter oranger
Trainer, dann erneut ein duennes Sperrholzboot von der Salzachwerft,
das ich im
Garten in einem Zelt renovierte und auf das jemand vor dem Lackieren
aus
Bosheit WD 40 gesprueht hatte. Der Lack verlaeuft sich dann zu
Mondkratern.
Trotzdem sah das Boot zum Schluss nett aus, segelte aber nicht wie mein
alter
Spatz. Es ging dann bald an den Tegernsee.
Und dann kam wieder der Wunsch nach einem eigenen Entwurf auf. Mit
einem Segel,
dass seine Spieren komplett innen traegt. Fast schon ein Fluegel. Ein
giftiger
"Fluegel", wie sich herausstellen sollte. Doch zurueck zum Boot - zum
Bootskoerper. Von Sperrholz hatte ich die Nase voll, aber dafuer viel
von
Paulownia gelesen, einem extrem leichten Plantagenholz, wasser- und
faeulnisresistent..
Bauen, oelen, fertig - schien mir moeglich zu sein.
Bauplatz gab es natuerlich keinen in Muenchen, ich waere auch 50 km
gefahren,
es gab aber nix. Wo Platz gewesen waere, stand ein Oldtimer drin. Dann
lernte
ich auf dem Bootsliegeplatz einen juengeren Mann kennen, der die
Wasserwacht
mit seinen Segelversuchen beschaeftigte. Der kaufte sich nach seinen
Versuchen
mit einem Klepper "Faltboot" eine alte Moehre, einen Klepper
Capitano, am Platz und moebelte diesen huebsch auf, sogar neue Segel
erhielt
das Boot. Dem erzaehlte ich von meinem Plan, ein einfaches, offenes
Flachbodenboot aus 18 mm starkem Paulownia aus dem Baumarkt zu bauen.
Ohne
Spanten und Spieren, stumpf mit Epoxi verklebt.
Er zweifelte, wohnte aber in einem alten Gehoeft, ich bot Geld fuer den
Versuch
und ueber dem ehemaligen Kuhstall liess sich ein Geviert mit Folie
abteilen.
Der Mann war geschickt im Besorgen von Baumaterial, sodass er eine gute
Helling
bauen konnte - meines Erachtens zuviel Aufwand, aber bitte. Und als der
Rohbau
stand, er hatte Gottsei Dank die Paulowniaplatten schaeften lassen,
fiel ihm
auf, dass der Frontspiegel, den ich des einfachen Baus wegen vorgesehen
hatte,
doch bloed sei. Er wollte eine Spitze dran bauen. - Bitte, gerne, dann
mach'
mal.
Darueber vergingen zusammen mit den Dollboards Monate, in denen er
winters
alleine werkelte Danach kuemmerte ich mich um die Schleiferei und
wollte
das Boot zunaechst von innen oelen, mit dem Besten, was es fuer Geld zu
kaufen
gab - Osmo Terrassenoel "rutschfest". Aber das OEl schlug an den
Fugen der Leimholzplatte durch den Bootsboden durch, die
Paulownia-Platten aus
dem Baumarkt waren das Geld nicht wert. Also Boot auf den Kopf und
aussen mit
Glasgewebe und Epoxi beschichtet. Wieder Schleiferei, mein Ruecken
schrie mich
an. Dann wieder innen oelen und aussen die teuerste Hausfarbe drauf.
"Gloss" sollte dieser Bau ja nicht sein. - Und so ist es bis heute,
Versuch mit Paulownia doch noch geglueckt.
Mein Helfer bekam 2.000 Euro von mir, Material und alles drumherum
hatte ich
natuerlich bezahlt. Trotzdem blieb noch genug Geld, um Naehmaschinen zu
ruinieren, weil ich unbedingt das Doppelsegel mit innenliegenden
Spieren
ausprobieren wollte. Unten im Bild ist es zu sehen. Ich glaube, dieser
Aufbau
eines Riggs ist einmalig auf der Welt, aber es braucht wirklich einen
Segelmacher und entschiedenen Mitstreiter, wenn man sowas auf den Markt
bringen will. Mein Helfer wollte davon nichts wissen und ich war
mit
Anfang 70 damals wohl schon zu alt, um mit mehr Verve zu werben.
Und ja, wer weiss, dass einfache Kastenboote aus Vollholz wie dieses
frueher in
den USA an einem Tag fuer 50 Dollar gebaut wurden, nach Augenmass und
Erfahrung, und dass die Besegelung und Ruder etc. noch einmal das
Dreifache
kosteten, der weiss: Der Bootskoerper ist nur die halbe Miete, auch
wenn man
ihn nur oelen muss. Ein ordentlicher Aufwand liegt in den Segeln und
allem, was
es sonst noch braucht: Also Ruder, Schwert, Beschlaege und so fort. Und
dann
noch der Aufwand, alles zum Laufen zu bringen. Wobei das Naehen im
Wohnzimmer
oder draussen grosser Mist ist. Aber es wurde alles fertig.
Erprobung dann bei Beaufort 4-5. Es wehte ordentlich in den Baeumen und
der See
hatte kleine weisse Kappen zum Fest aufgezogen. Das Boot war aber ohne
Zweifel
das langsamste Boot, dass ich je konstruiert hatte. Der stolze Helfer
war
erbost und enttaeuscht und ueberhaupt. Aber es lag ja nicht an ihm, es
lag am
Doppelsegel. Also ein neues Doppelsegel, vorne offen wie ein
Gleitschirm, dann
wieder geschlossen und so fort wechselte es sich ab. Es wurde nicht
besser, die
Leesiete des Segels, also die wichtigere, zog einfach nicht, hing nur
herunter.
Das Boot war lahm und ich bald kreuzlahm von dem ganzen sinnlosen
Aufwand. Aber
manchmal zog das Segel auch "wie bloede" und zeigte, was in ihm
steckt - gerne eine Kenterung. Etwas AEhnliches, nur ohne Kenterung,
hatte auch
Herreshoff, ein bekannter Konstrukteur des 19. Jahrhunderts mit
Twin-Skin-Segeln schon erlebt. Ich haette es also besser wissen
koennen. Aber
was soll's: Jugend forscht - bis ins hohe Alter.
Schliesslich habe ich ein einfaches Segel entworfen und in UEbersee
bestellt,
preisguenstig, damit segle ich heute noch. Das Boot ist auch flott,
denn bei BF
4 erreicht man auch mal kurz 8 Knoten. Das ist nicht viel viel
fuer
heutige, fertig gekaufte leichte Rutscher mit Carbon und allem was gut
und
teuer ist. Mein Helfer hat sich so ein Ding gebraucht gekauft und
berichtet von
seinen Versuchen, die 15 Knoten-Marke zu knacken. Davon kann bei mir
keine Rede
sein, doch fuer ein besseres Ruderboot wie dem da unten (noch mit einem
Eigenbausegel) sind 5 kn leicht und 8 kn ab und zu in Ordnung, meine
ich.
Was dagegen schon immer schlecht war und es auch heute noch ist bei
diesen
Flachbodenbooten - hat man Welle und wenig Wind, dann haemmern solche
Boote mit
dem Bug. Kluger Spruch dazu von allen Seiten: Du musst es auf der Kante
segeln,
das Boot schneidet dann wie Butter durch die Wellen! Ja klar, wie
Butter.
Mindestens. Es gibt aber auch ein grosses ABER: Bei wenig Wind und
trotzdem
Welle muss man sich bei einem horizontal sehr stabil liegenden
Flachbodenboot
weit nach Lee setzen, um das hohe aufrichtende Anfangsmonet zu
ueberwinden auf
die Kante zu kommen um dann und nachzuspueren, wo die "Butter" sein
koennte.
Hat man das geschafft, fehlt allerdings nur ein Hauch und man liegt im
Bach.
1,03 m Wasserlinienbreite sind nicht viel und die Stabilitaestkurve von
leichten und nur leicht belasteten Flachbodenbooten ist bekanntlich
eine kleine
Katastrophe, sie faell ploetzlich steil ab und man selbst ins Wasser.
Trotzdem kann man natuerlich von Lee aus segeln, um das Boot auf die
Kante zu
bringen. Die 12jaehrigen im Optimisten machen das gerne vor und auch
einen
Handstand auf dem Bootsboden vorm Wind. Mit Mitte 70 tut man sich da
eher
schwer - kann ich versichern. Und der einzige Grund fuer ein
Flachbodenboot war
und ist fuer mich die einfache Bauweise und die Tatsache, dass man
solch ein
Boot am besten vom Boden aus segelt. Auf dem Boden sitzend. Ohne
Turnen. Wo man
bitte auch sitzen bleibt und Boen mit der Schot und/oder mit dem Kurs
abfaengt.
Nicht durch Turnen! Auch bei BF 4. Das geht gut, wenn man etwas
aufpasst und
ein Segel hat, dass nicht poetzlich den Halbstarken spielt.
Hier unten das etwas kleinere selbstgebaute Einfach-Segel. Und trotzdem
sind
Boot und Sitzposition nichts fuer Verhaeltnisse, bei denen der Wind bei
angenehmen 3 Bf sprunghaft zu Boen von 5-6 Bf wechselt. Das gab
es frueher
am Ammersee kaum, jetzt aber staendig. Frueher war eben alles besser.
Der Wind
und auch der Mut.
So, das war es von einem alten Mann zum Thema Boote bauen. Es
gaebe noch
viel zu sagen, aber statt dessen lieber ein klares
Fazit:
Boot bauen macht Spass, Boot segeln auch, Altwerden eher nicht. Doch
dafuer
habe ich ja jetzt immerhin schon fast das richtige Boot. Aus warmem
Vollholz.
Paulownia sei Dank. Zu erhalten bei IPaulownia - Internet.
Unten das Boot mit dem in UEbersee gefertigten Segel. Es ist nicht
"unglaublich viel besser" als das selbst Genaehte, aber es wird laenger
halten, weil es auf einer vernuenftigen Maschine genaeht wurde.
Danke fuer Ihre Aufmerksamkeit!
Nachtrag: Kontakt bitte ueber
projekte@gute-schreibe.de
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